Erinnerung an Kastastrophen der Vergangenheit

Mit persönlichen Reden wird am "Tag der Heimat" in Wiesbaden Opfern von Krieg und Vertreibung gedacht (Juni 2023)

Es wurde eine nachdenklich wie feierliche Gedenkstunde am Gedenkstein in der Kranichstarße: In vielen persönlich gehaltenen Redebeiträgen wurde der Opfer sowie der Opfer des Aufstande des 17. Junik 1953 in der ehemaligen DDR gedacht, den die sowjetische Armee brutal niederschlug. Zur Gedenkstunde geladen hatte der Bund der Vertriebenen (BdV). Die Inschrift erinnert an das Leid das am Ende des 2. Weltkrieges und in den Folgejahren über Millionen von Menschen kam.

Simon Iolin, Vorsitzender des BdV-Bezirksverbandes, begrüßte die Gäste und verwies auf das Leitwort zum diesjährigen "Tag der Heimat": "Krieg und Vertreibung - Geißeln der Menschheit". Die frühere Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz (CDU) vertrat den hessischen Kultusminister Alexander Lorz (CDU). Die Vertreibung stelle eine der größten humanitären Krisen des 20. Jahrhunderts dar, so Scholz - ihr Mann, der aus dem Gleiwitzer Bergland in Schlesien stammt, habe sie als Kind erlebt. Als Vertreterin der Nachkriegsgeneration (Vorfahren aus Ostpreußen) sie es ihr unvorstellbar, ihr Haus für immer mit lediglich einem Koffer verlassen zu müssen. Scholz erinnerte auch an die Opfer des 17. Juni in Ost-Berlin 1953. Sie berichtete von einer Reise nach Breslau, auf welcher ihr klar geworden sei, dass der polnisch-deutsche Dialog Früchte trage. In Schlesien wisse man um die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Polen, die sich über 1000 Jahre erstrecke. An der Breslauer Universität würde deutschen Wissenschaftlern, welche einst dort wirkten, ein ehrendes Andenken bewahrt. Ihre polnischen Gesprächspartner hätten sich gewundert, warum Deutsch oft radebrechend versuchten, den polnischen Namen Wrocław auszusprechen, anstatt einfach Breslau zu sagen. Stadträtin Gaby Wolf (SPD) berichtete von ähnlichen Erfahrungen. Bei einer Polenreise seien sie und ihre Mitreisende auch nach Auschwitz gefahren - das erschütternde Erlebnis habe den Blick auf die Opfer des Nationalsozialismus gelenkt. Es sei ihr wichtig, die Vertriebenen und ihre Nachfahren weiter zu unterstützen, betonte Wolf. CDU-Fraktionsvorsitzende Daniela Georgi schloss sich den Worten von Wolf an: Für ihre Fraktion sei es essentiell, die Schreckniss und Katastrophen der Vergangenheit für die folgenden Generationen in Erinnerung zu halten.

Helena Päßler, ehemalige Leiterin der Heinrich-von-Kleist-Schule, berihtete über ihre Erinnerung an Flucht und Vertreibung aus dem Sudetenland. Sie wurde in Teplitz-Schönau geboren,. Die Eltern wurden in den Kriegswirren getrennt. In Mecklenburg, wo Teile der Familie wie viele Vertriebene gestrandet seien, hätten schlimmere Verhältnisse als in Böhmen geherrscht. Die Päßlers konnten durch die Stellung des tschechischen Vaters bis Mitte der 1960er Jahre in der Tschechoslowakei bleiben, bis die schließlich nach Deutschland übersiedelten. Dieter Schetat, Vorsitzender des Kreisverbandes Wiesbaden der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen Landesgruppe Hessen, war ein weiterer Vertreter der Erlebnisgeneration im Kohlheck. Seine Familie stammt aus dem ostpreußischen Tilsit. Niemals hätte er geglaubt, sagte er, dass ihm noch einmal ein Krieg so nahekomme wie der russische Überfall auf die Ukraine. Wenn er heute Bilder flüchtender Kinder sehe, erinnere er sich daran, dass er als Junge ein Jahr im offenen Wagen unterwegs gewesen sei. Er bekannte: "Tilsit ist meine Heimat, Wiesbaden mein Zuhause - ich liebe beide Orte gleichermaßen". Dotzheims Ortsvorsteher Harald Kuntze (Grüne) verwies auf den Ursprung des Hessentages als einendes Ereignis für angestammte Bevölkerung und Vertriebene.

Würdevoll musikalisch umrahmt wurde die Gedenkstunde durch das Trompetenduo Maximilian Guss und Alexander von Papen.

ein Beitrag von Manuel Wenda vom 19. Juni 2023

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